
Bence Bálint, Ohne Titel (´13 Beograd), aus der Sammlung The very moment, 2013, analoge Fotografie, 10 x 15 cm, Foto: der Künstler
Der Wiener Städtische Versicherungsverein, Hauptaktionär der Vienna Insurance Group (VIG), hat sich mit der VIG SPECIAL INVITATION der Vernetzung mit Zentral- und Ostereuropa verschrieben. Die Preiskategorie, die auch eine Einladung zur Gruppenausstellung in der Unternehmenszentrale im Ringturm beinhaltet, ging aus einer langjährigen Partnerschaft mit dem Essl Art Award CEE hervor und ist mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Awards geworden.
Das Interview führte Viktoria Calvo-Tomek, Essl Museum, mit Philippe Batka, dem Kurator der VIG SPECIAL INVITATION
Welches Anliegen verfolgt die VIG SPECIAL INVITATION?
Wir sehen die VIG SPECIAL INVITATION als interessante Möglichkeit, Einblicke in die Produktion der jüngsten Generation von Kunstschaffenden aus der Region Zentral- und Ostereuropa zu bieten: Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler kommen aus Bulgarien, Kroatien, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Tschechien, der Türkei und Ungarn. Mit der Auswahl der Länder ist aber auch klar, dass es sich hier um eine ausschnitthafte Perspektive handelt.
Was erwartet die Besucherinnen und Besucher?
Die Ausstellung versammelt ca. 12 Arbeiten in diversen Medien wie Skulptur, Installation, Fotografie und Video. Sämtliche Werke sind zum ersten Mal in Österreich zu sehen. Einige sind anlässlich der Ausstellung entstanden, andere wurden dafür neu adaptiert.
Wodurch zeichnet sich die diesjährige Ausstellung aus?
Bis dato wurde die VIG SPECIAL INVITATION jeweils einer oder einem der Gewinnerinnen und Gewinner des Essl Art Award CEE zuerkannt. Das haben wir geändert: Barbara Grötschnig und ich haben die Einladung erstmals unabhängig vom Award an eine Nominierte oder einen Nominierten pro Land ausgesprochen.
Die Präsentation ist thematisch-diskursiv ausgerichtet, sie verzichtet auf die bisher übliche Form eines repräsentativen Überblicks. Stattdessen liegt der Fokus auf ganz bestimmten Fragestellungen, die sich entlang einer Gegenüberstellung von analytischen, kritischen und humorvollen Werken entfalten.
Welche Themen werden behandelt?
Die gezeigten Werke bilden ein sehr breites Themenspektrum ab. Der Bogen reicht von Kapitalismuskritik bis hin zu existentiellen Fragen der Subjektwerdung der jungen Generation. Vor allem wird nach Möglichkeiten individueller Handlungsmacht innerhalb verfestigter sozialer Gefüge gesucht. Dem gegenüber stehen Positionen, die das Verhältnis von Realität und Kunst thematisieren.
Wie würden Sie die beteiligten Künstlerinnen und Künstler charakterisieren?
Sie ticken alle ganz unterschiedlich. Deshalb sind ihre Strategien auch so verschieden. Zum Beispiel der Ungar Bence Bálint: Er verortet sich eindeutig außerhalb des gesellschaftlichen Rahmens, wenn er sich Strategien und Codes aus der Sprayer-Szene aneignet. Das ist eine klare Abwehrhaltung. Der Bulgare Angel Chobanov wiederum will das Publikum für sich gewinnen und mit einbeziehen – seine humorvollen Installationen gehen deswegen häufig mit impliziten oder expliziten Anweisungen einher. Tomáš Kajánek aus Tschechien tritt auch in Kontakt, allerdings sehr konfrontativ, und bringt bei seinen Performances immer wieder den eigenen Körper ins Spiel. Er bleibt ja oft auch nicht unverletzt.
Andere wiederum sind distanzierter, analytischer …
Ja, genau. Die Arbeiten des türkischen Künstlers Mehmet Öğüt bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Einzelschicksalen und kollektiver Geschichte. Und die Kroatin Petra Mrša durchleuchtet in ihrer Arbeit die marginalisierte Rolle der Familie in unseren westlichen Gesellschaften. Auch die rumänische Künstlerin Gloria Luca liefert scharsinnige Analysen – ihre Narrative sind aber zugleich auch sehr poetisch.
Noch distanzierter (aber trotzdem sehr direkt) sind die Arbeiten des slowenischen Künstlerduos Small But Dangers, das sich u.a. mit der Manipulation unserer Wahrnehmung befasst. Das ist sozusagen Grundlagenforschung. Diese Arbeiten sind intim, aber zugleich auch provokant. Auch wenn es auf den ersten Blick ganz anders aussieht, funktioniert das Werk des slowakischen Künstlers Petr Bařinka auf einer ähnlichen Ebene: Er folgt der visuellen und sprachlichen Logik von Computerspielen und gelangt so zu Formulierungen von absoluter und universeller Gültigkeit, die kein Realismus liefern kann.
Zieht sich ein roter Faden durch die Schau?
Die Künstlerinnen und Künstler transportieren mitunter ähnliche Anliegen, sie folgen dabei aber durchaus unterschiedlichen Strategien. Weniger als ihr gemeinsamer Nenner scheint mir der Blick auf die Vorgehensweisen wesentlich, mit denen sie sich aus ihrem jeweiligen politischen und sozialen Kontext heraus ins Verhältnis zur Gesellschaft stellen. Ihr Potential, in gesellschaftliche Verhältnisse hineinzuwirken, ist Thema dieser Ausstellung.
Danke für das Gespräch. Ich denke, das wird eine sehr spannende Schau!
Die Ausstellung der Werke der 8 Preisträger wird am 10. Mai um 18:30 Uhr im Wiener Ringturm eröffnet. Ausstellung: 11.5. – 3.6.2016, Eintritt frei!