Das Essl Museum rückt mit der Ausstellung >österreichische moderne – staudacher und zeitgenossen< die Arbeiten von Hans Staudacher, einem der wichtigsten Vertreter der Avantgarde in Österreich nach 1945 in den Mittelpunkt.
Im Mai 2014 hatte Kuratorin Viktoria Tomek gemeinsam mit Sammlerin Agnes Essl die Gelegenheit, den Künstler in seinem riesigen Atelier in der Ankerbrot – Fabrik zu besuchen und mit ihm über sein in mehr als 50 Jahren geschaffenes Werk zu sprechen.
„Für mich ist malen Lebensvollzug“ antwortet Hans Staudacher, als ich ihn frage, was ihn zur Kunst gebracht hat. Der Künstler erzählt, dass sich sein kreatives Talent bereits in der Schule gezeigt hat, wenn er, sehr zum Missfallen seiner Lehrer, die Schulbank bekritzelt hat: „Damals war ich noch kein Maler, sondern nur ein Malheur“.
Doch sein weiterer Lebensweg sollte von Kunst begleitet werden: Bereits in den 50er Jahren beginnt der Autodidakt Staudacher in sehr konsequenter Weise eine aus dem spontanen Reflex des eigenen Ichs geschaffene Malerei zu verfolgen, um Bilder des individuellen Ausdrucks zu erschaffen. Während Staudachers mehrfacher Paris-Aufenthalte zwischen 1954 und 1962, bei denen er sich intensiv mit Werken von Georges Mathieu und dem lyrischen Informel auseinandersetzt, wurde seine Hinwendung zur informellen Kunst, die sich von jeder Gegenständlichkeit gelöst hat noch verfestigt.
Zusehends erscheinen gestisch aufgetragene Zeichen und Spuren als graphische Struktur über einer durch helle und dunkle Farbflächen zusammengehaltene Bildfläche. Geprägt ist sein Werk fortan von seinem spontanen, malerischen Gestus und von einer offenen und prozessualen Bildform, die Staudacher oft in mehreren Sitzungen überarbeitet.
Während unseres Gesprächs fällt der Begriff „Sprayer“: „So wie ich kritzele, das machen heute die Sprayer. Ich bin der Vor-Sprayer.“ Ob er denn meint, dass er ein Sprayer geworden wäre, wenn er später zur Welt gekommen wäre, verneint er. Sprayer brauchen ihre Spraydosen, um sich auszudrücken, er könne hingegen mit allem und auf jeder Oberfläche malen, auch wenn es nur mit einem Stock im Schnee sei: „Ich wollte meine Spuren hinterlassen“.
In Staudachers Bildern treten neben dem Malerischen besonders in den 60er Jahren gestempelte Ziffern oder Elemente in Schreibschrift auf. Staudacher spielt mit Textpassagen, die in seinen Arbeiten den gleichen Stellenwert einnehmen wie das Malerische.
In der Ausstellung ist die Arbeit „Herzlichst Hans“ (1958) zu sehen, die zeigt, wie der Künstler Schrift in seine Bilder einfließen lässt und diese mit seiner gestischen Malerei vereinigt. Als Frau Prof. Essl dem Künstler die Einladungskarte zu Eröffnung reicht, die „Herzlichst Hans“ als Sujet zeigt, nimmt Hans Staudacher einen Kugelschreiber zur Hand und beginnt sie sofort zu bereichern: Zeichen imitieren Schrift, Herzen werden gezeichnet und Frau Prof. Essl erhält „1,000.000 Bussis für Agnes“.
In vielen Arbeiten ab etwa den 80er Jahren tritt Schwarz an zentraler Stelle als Kreuzform in den Vordergrund und versetzt den gesamten Bildraum in Schwingung. Der Raum scheint nun gänzlich in Farbe und Form mit skripturalen Elementen aufgelöst und erstreckt sich auch oft über mehrere Leinwände. Daneben malt Staudacher Arbeiten, die sehr poetisch angelegt sind und in ihrer verhaltenen Farbigkeit vergleichsweise ruhig wirken.
Zwar malt der 91-jährige Staudacher in letzter Zeit fast gar nicht mehr, doch die hunderten Werke, die feinsäuberlich verpackt in seinem Atelier verteilt stehen zeigen, wie produktiv der Künstler in den letzten Dekaden war. „Ich bin ein Kritzler geblieben, bis ins hohe Alter“.
Die Zitate stammen von Hans Staudacher aus dem Audiomitschnitt des Atelierbesuchs von Prof. Agnes Essl und Viktoria Tomek.
Die Ausstellung „österreichische moderne. staudacher und zeitgenossen“ ist noch bis 19. Oktober 2014 im Essl Museum zu sehen! Zur Ausstellung
Der Titel ist Klasse!
hoffendlich kann ich in ein paar jahren auch noch sagen „ich bin ein Kritzler geblieben“
LG KW